Montag, 29. Mai 2006

Der Eid des Arztes Amato Lusitano (1511- 1568)

Welch ein grossartiger Mensch muss dieser Arzt und Botaniker gewesen sein !
Er behandelte den Papst und Huren ohne Unterschied oder Ansehen der Person.
Geboren in Portugal in Castelo Branco im Jahr 1511 mit dem Tarnnamen "João Rodrigues" spaeter genannt Amato Lusitano
Amato-Lusitano

Meine geschaetzten Leser werden aus meinen vorherigen Eintragungen wissen, dass fuer Juden das Leben seit 1497 in Portugal besonders gefaehrlich war, unertraeglich seit 1534 durch die koeniglich als Verwaltungsmassnahme (nicht nur kirchlich als innerkirchliche Angelegenheit) angeordnete Inquisition.

Als erwartungsgemaess die Inquisition in den Koepfen der armseligen Portugiesen geschwuerartig Hass, Neid und blinde Zerstoerungswut freizusetzen begann, da war Amato Lusitano schon seit 2 Jahren in Antwerpen in Sicherheit.

Als 14 jaehriger hatte er einst in Salamanka begonnen, Medizin zu studieren. Statt ein lustiges Studentenleben zu fuehren lernte er nebenher Sprachen: Latein, Griechisch, Hebraeisch, Deutsch, besuchte Vorlesungen in Philosophie, Naturwissenschaften und Kunst.
Er war dann mit 18 Jahren als Arzt zurueckgekommen in seine portugiesische Heimat, wo er das Land bereiste, um als Arzt zu helfen, den Ackerbau und Lebensmittelhygiene wissenschaftlich zu untersuchen, sogar um den Anbau neuer Pflanzen aus den Kolonien zu studieren.
Zwei Jahre vor Beginn der Inquisition floh Amato Lusitano rechtzeitig aus Portugal nach Antwerpen.

Damit sich meine Leser ein Bild von seinem Charakter machen koennen, moechte ich seinen Eid, den Juramento, nach besten Wissen und Gewissen uebersetzt, zum Lesen und Bedenken empfehlen:

Der Eid des Amato Lusitano

Ich schwoere vor dem ewigen Gott und bei den zehn allerheiligsten Geboten, welche auf dem Berg Sinai dem Volke Hebrew gegeben wurden durch die Vermittlung des Moses nach der Aegyptischen Gefangenschaft, dass in meiner Klinik ich mir nichts mehr am Herzen hielt als dafuer zu sorgen, dass der Glaube in allen Dingen erhalten bleibt und der Nachwelt zur Kenntnis gelangt; und dafuer habe ich nichts vorgetaeuscht, hinzugefuegt oder veraendert im Interesse meiner Ehre oder was nicht zum Wohle der Sterblichen geraten waere, weder mit Schmeicheleien noch mit uebler Nachrede auch war ich nicht nachsichtig gegenueber anderen auch nicht aus Gruenden persoenlicher Freundschaft; vielmehr habe in allem die Wahrheit gefordert; wenn ich meinen Eid breche, moege die Rache des Herren und seines Dieners Raphael auf mich stuerzen und niemand soll weiter Vertrauen in meine Ausuebung der Heilkunst legen; was die Ehrbezichtigungen betrifft, die man fuer gewoehnlich Aerzten zuteil werden laesst, auch hier bin ich stets bescheiden gewesen, in Verguetungsfragen habe ich viele Leute behandelt mit maessiger Entlohnung und manch andere kostenfrei; oftmals habe ich es abgelehnt, beharrlich, grosszuegige Bezahlung anzunehmen, wobei ich stets viel mehr im Blick hatte, dass durch meinen Eingriff die Patienten die Gesundheit wiedererlangen, als dass ich reicher wuerde durch ihre Freizuegigkeit oder durch ihr Geldgeschenk.

Um die Kranken zu behandeln wollte ich niemals herausfinden, ob es Hebraeer waren, Christen oder Juenger des mohamedanischen Gesetzes; nie lief ich Ehren und Ruhm hinterher, mit eben derselben Fuersorge behandelte ich die Armen und in Adel geborenen, nie habe ich eine Krankheit verursacht, in meinen Prognosen sagte ich stets, was ich ich meinte; habe auch niemals einen Apotheker mehr als einen anderen beguenstigt, es sei denn ich hatte erkannt, dass in machem mehr Fachwissen und mehr Herzensguete lag, so habe ich diesem mehr vor allen anderen den Vorzug gegeben. Bei meinen Verschreibungen habe ich stets die finanziellen Moeglichkeiten des Kranken bedacht, habe die verschriebenen Medikamente entsprechend angepasst; ich habe niemals das Arztgeheimnis gebrochen, nie habe ich jemandem Gift verabreicht, durch meine Mitwirkung gab es nie eine Abtreibung, bei meinen Untersuchungen oder Visiten bei Frauen kam es niemals auch nur zu der geringsten Unsittlichkeit; kurzum, niemals tat ich eine Handlung, deren sich ein geschaetzter und namhafter Arzt schaemen muesste.

Stets hatte ich vor Augen, als nachahmenswertes Vorbild, die Beispiele des Hippokrates und des Galen, dieser Vaeter der Medizin, ohne dass ich die hervorragenden Arbeiten irgendeines anderen Meisters der Medizinkunst vernachlaessigt haette; ich bin stets sorgfaeltig gewesen in meinem Bemuehen derart, dass keine Ablenkung oder Umstand, egal wie dringend er war, mich von der Lektuere dieser guten Autoren abgelenkt haette; weder der erlittene Schaden durch Partikularinteressen, kein Seereise, keine meiner haeufigen Wegstrecken ueber Land, schliesslich auch nicht das Exil selbst, haben meine Seele getruebt, ganz wie es eines Gelehrten ziemt; die Schueler, welche ich bis heute in grosser Zahl hatte und anstelle eigener Soehne erzog, stets habe ich sie aufrichtig unterwiesen, damit sie ein Beispiel naehmen an der Vortrefflichkeit; die Buecher ueber die Heilkunde habe ich nie in anderer Absicht veroeffentlicht, als damit der Gesundheit der Menschheit einen irgendwie moeglichen Beitrag zu geben.

Ob ich (dieses mein Ziel) erreicht habe, ueberlasse ich anderen zu urteilen und zu beantworten, in der Gewissheit, dass dies stets meine Absicht war und das hoechste meiner Wuensche.

(So geschehen in Salonika im Jahr der Welt 5319)


Amato Lusitano verstarb in Salonika (heute Thessaloniki in Griechenland), welches damals, und zwar seit 1430, Teil des ottomanischen Reiches war und wo ein guetiger und weiser Sultan vielen sefardischen Fluechtlingen eine neue Heimstaette gewaehrt und sich diese Stadt in ein bluehendes Handelszentrum verwandelt hatte, 9 Jahre spaeter an der Pest (bzw. einer Seuche) im Jahr 1568.
Seine Leistungen in der galenischen Medizin und der Urologie waren besonders wertvoll.

Nachtrag:
Jeder kennt Schwester Theresa....
Alle Portugiesen pilgern nach Fatima....

Keiner interessiert sich wer Amato Lusitano war und wovon er sprach, woran er dachte, fuer welches Ideal er warb, fuer wen er letztlich im Alter von nur 49 Jahren starb !

Sehen Sie, meine werten Leser, das ist der Frevel unserer Zeit !

Quelle: Universidade da Beira Interior "HISTÓRIA DE MEDICINA"

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