Dienstag, 21. Juni 2005

Zwei Heuschrecken (Chirac und Schroeder) und ein Seeraeuber (Blair) werden sich niemals einigen

Zwei Welten stossen aufeinander.
Es ist das offensichtliche und verstaendliche Problem von zwei unterschiedlichen Imkern und ihrer Methoden.
Wohlstand, Frieden und Gluecklichsein der "Arbeiterbienen" interessiert jedoch keinen von beiden.

Betrachten wir Frankreich und Deutschland:

Waere in diesen Laendern der Schutz und der Wohlstand von Arbeitern oberstes Ziel der Regierenden, dann waeren alle Gesetze darauf gerichtet, unter einer moeglichst hohen Anzahl von Unternehmen, bessergesagt: Unternehmern, Konkurrenz zu stiften:
Konkurrenz um die Gunst der Arbeiter auf der einen Seite - Konkurrenz um die Gunst der Kunden und Endverbraucher auf der anderen Seite.

Der Schutz und der Wohlstand von Arbeitern -und zwangslaeufig der Bestandsschutz einer Vielzahl von konkurrierenden Unternehmern- ist aber nicht gewollt. Konkurrenz macht Grossunternehmen und Bankengeschaefte "unrentabel"

Die Banken mit ihren Vorrechten (bei Kreditvertraegen, bei Kreditbesicherung, bei Stimmrechtsverwaltung, bei Geldmengenvermehrung durch Ruecklagenbildung, Absonderungsrechte bei Konkurs usw.)wollten ein Umdenken und haben alles erreicht.
Bis Ludwig Erhard galten andere Spielregeln:
Erhard wollte die Machtinteressen der Banken stutzen und - wurde schnellstens abgesetzt, entfernt.
Statt Arbeiterwohlstand fuer alle gilt seither nur noch die "Rentabilitaet" als oberstes Leitmotiv.

Die Wirtschaftsordnung musste deshalb umgebaut werden, um die Konkuurenz auszuschalten.
Und die "Sozialdemokraten" , egal ob christlicher oder sozialistischer Faerbung, haben alles im Sinne der Banken erreicht.
Statt Unternehmerwohlstand gilt nur noch die "Wettbewerbsfreiheit" als oberstes Leitmotiv.

Die Vernichtung des "Mittelstandes" ging unter diesem Wort auf den Fahnen, das so schoen nach "Freiheit" klingt, kinderleicht und zwar folgendermassen:
Die verbindlichen Richtpreise und geschlossene Vetriebssysteme wurden abgeschafft.

Frueher konnte ein Unternehmer dafuer sorgen, dass seine Produkte fuer alle Endverbraucher den selben Preis kosteten. Auch konnte er seine Vertriebspartner aussuchen, auswaehlen und mit ihnen den Vertriebsrabatt aushandeln.
Mit den Gewinnen konnte er Ruecklagen bilden, investieren, Lehrlinge ausbilden und sich ganz auf sein Geschaeft konzentrieren.
Um seine Wettbewerbsfaehigkeit zu erhalten musste er Neuheiten ersinnen (als ein Meister seines Fachs nicht bloss als Geselle, der bloss zu "Koennen" braucht), musste freundlich zu seinen faehigen Mitarbeitern und Hilfsarbeitern sein und treu gegenueber Vertriebspartner und qualitativ einwandfrei produzieren fuer die Gunst seiner Zielkunden, Endverbraucher.

Kapitalintensive Werbung konnte er sich ersparen.

Die Ruecklagen und ein hohes Eigenkapital machten ihn zu einer Respektsperson, zu einem unerschrockenen Buerger, der mit seinen Diskussionen die Herrschenden irritierte, frech sein konnte, Zeit fuer eine Mitsprache bei politischen Entscheidungen seiner Stadt, seines Landes besass und sie einforderte und nutzte.

Ebenfalls waren er und seine "Arbeiter" frei, individuelle Vertraege miteinander zu schliessen, es gab noch keinen Flaechentarifvertrag.

Zu einem solidarischen Denken, Fuehlen und Handeln fuer die Lebenserhaltung von Betrieb und Belegschaft konnte der Unternehmer in seinem Betrieb werben, um seine Leute vor der Beeinflussung von Linksphilsophen, z.B. der sog. Frankfurter Schule, mit Argumenten zu schuetzen und eine "innere Verweigerung" seiner Betriebsgenossen zu verhindern und zu positivem Denken anzuhalten.

Auch seine Kinder wurden nach seinen Wertvorstellungen erzogen, die Schulen wurden nicht von "Mayonaiseproduzenten" finanziert und beherrscht weil der Staat damals noch von einer Pflicht der Kindererziehung ausging und nicht wie heute, mit einem "Mitwirkungsentzug" jede Verantwortung jederzeit ersatzlos aufgekuendigt werden darf.

Heute hat ein Unternehmer keine Chance, sein "Pflaenzchen" , sein Werk, seine Produkte zu schuetzen.
Ihm fehlen Eigenkaiptal und Zeit, um am politischen Leben teilzuhaben.

Ein Diskounter kommt heutzutage, diktiert die Preise und die Zahlungsbedingungen, darf das Produkt im Laden und zu ruinoesen Preisen anbieten und sogar an Endverbraucher verschenken, als "Werbemassnahme" sozusagen, bis das Produkt verrissen, ausgequetscht und wertlos wieder vom Markt verschwindet.

Alle grossen Verbrauchermaerkte und Diskounter konnten erst nach Beendigung dieses geordneten Richtpreissystems/Vertriebssystems, mit welchem "Deutschland" wohlhabend geworden war, aufbluehen und phantastische Groessenordnungen erreichen, eine Monopolstellung.

Das freute die Banken.
Denn wer jetzt nicht schnell die Zeichen der Zeit erkannte und eine Kapitalgesellschaft gruendete, um bei diesem ruinoesen System mitzuhalten und selber Honig zu saugen, war verloren.

Diese Kapitalgesellschaften wuchsen und wuchsen und heute ist es schon so weit:
Wer bei den Grossen beschaeftigt werden moechte kriegt gesagt, dass er die "Ehre dabeisein zu duerfen" als geldwerten -sogar steuerfreien ! -Vorteil sehen muss, der ihm spaeter, also mit 35 wenn er altersbedingt ausrangiert werden wird, von allergroesstem Nutzen sein wird. Auf ein Gehalt in "Geld" sollte er daher gefaelligst verzichten.
Und der Jungakademiker verzichtet notgedrungen und: sehr gern und ueberaus dankbar. !

Indessen denkt eine Kapitalgesellschaft staendig darueber nach, wie sie mit der laufenden Produktion moeglichst viel absetzen kann.

Das Zauberwort heisst: Globalisierung !
Also man will moeglichst viele einheitliche Maschinen und Autos z.B. nach Brasilien verkaufen.
Je mehr man verkauft desto rentabler ist fuer das Grossunternhemen die Produktion, desto mehr Rendite wirft es ab fuer die Kapitalanleger, euphemistisch "Investoren" gennant.

Produktionsnebenkosten, gesetzlich verankerte gewerkschaftliche Mitbestimmung, ein effizientes Konkursrecht u.v.m. bewirken derweil, dass planmaessig die Vielzahl moeglicher "mittelstaendischer" Konkurrenten vom Markt verschwindet mit der Folge, dass die Arbeiter keine Ausweichmoeglichkeiten haben und auf ihren Arbeitsplatz bei Grossfirmen auf Gedeih und Verderb angewiesen sind.
Lieber Sklave als arbeitslos.

Und die Brasilianer wollen/muessen ihre Einkaeufe an Maschinen und Autos bezahlen, d.h. mit eigenen Produkten tauschen.
Was hat Brasilien ? Fleisch, Butter.
Was haben die USA ? Getreide und Waffen.

Folglich muessen die deutsch/franzoesichen Bauern geopfert werden. Oder von Subventionen leben.
Dass sie mit ihrer Billigmilch in Billigdiskountern ohnehin schon fuer die Billigernaehrung der Arbeiter der Grossunternehmen sorgten reicht jetzt nicht mehr aus.
Eine Zeitlang kann man von Subventionen leben, kann andererseits ein Staat seine Bauern finanzieren, aber diese Zeit ist abgelaufen.
Jede Kuh kostet 2 Euro am Tag.
In Portugal kommen auf 4 Bauern ein Regierungsbeamter im Agrarministerium. So kann es nicht weitergehen.
Das sieht Blair vollkommen richtig.

England lebt aber nicht vom Export von Maschinen und Autos wie franzoesisch/deutsche Grossunternehmen (die Heuschrecken des europaeischen Mittelstandes) sondern vom Transport, von Exportfinanzierung, Transportversicherung,von Anwaltsgebuehren, Geldverwaltung, Copy-right-Gebuehrenverwaltung - so heisst die englische Salzsteuer heute -, (also wie ein Seeraeuber vom Abernten/Abschoepfen der Fruechte anderer) und sieht verstaendlicherweise keine Veranlassung, europaeische Bauern durchzufuettern.
Es gilt ihm schliesslich "to earn money" und da sind Bauern nur ein kostenverursachender Stoerfaktor.

Viel lieber waere es England, wenn saemtliches Getreide in den USA eingekauft wuerde, ueber die Londoner Boerse versteht sich, dann versichert und transportiert in englischen Schiffen.
Gleiches gilt fuer Fleisch aus Brasilien, Butter aus Argentinien usw.

Leistungsgerechtigkeit ist eben ein Wort, dass der Baecker um die Ecke, die Grossbaeckerei, ein Arbeiter, ein Geldanleger, ein Bankdirektor,ein Versicherungsunternehmen, ein Tante-Emma Laden und ein Diskounter jeweils diagonal anders verstehen, begreifen und verteidigen moechten.

Unter dem Deckmantel der "sozialen Gerechtigkeit" mit solchen bedrohlichen Forderungen wie "Einkommensverteilung" was mir nach Raub und Rechtlosigkeit klingt, weil ich aus der Perspektive eines Arbeiters schreibe, haben die Arbeiter heutzutage in England, Frankreich und Deutschland nur noch die EU-einheitliche Bedeutung von Bienen, die man mit Zuckerwasser naehrt und mit Illusionen ueber ihre Meschnenwuerde und Freiheitsrechte blendet. Blendet, denn der Prozessweg ist unbezahlbar, die Prozessdauer unabsehbar.

Und eine 10 %ige Arbeitslosigkeit ist die Peitsche, der staendig ins Fleisch getretene Sporn der "sozialdemokratischen" Arbeitgeber ("Arbeit-geber": welch ein scheusslich ueberhebliches Wort !)
Keine Frage, deshalb wird sie auf ewig erhalten bleiben !

Die einheitliche EU-Verfassung liegt dennoch im Interesse auch Englands.

Es geht darum, dass der Status Quo, also der Schutz der Kapitalgesellschaften gegen die Interessen von Mittelstand und Arbeiter in ganz Europa festgeschrieben wird.

Und wie sollen die USA sonst ihr Getreide verkaufen, um den Staatsbankrott abzuwenden ?

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